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Sustainability Week – sich aktiv einbringen, um Zukunft zu gestalten

10.10.2025

Interview mit LMU-Geograph Ralf Ludwig über die erste Sustainability Week an der LMU

Prof. Dr. Ralf Ludwig

Von Biologie bis Theaterwissenschaft, von Forschung bis Verwaltung: In der ersten Sustainability Week der LMU vom 3. bis 7. November will das Münchener Zentrum für Nachhaltigkeit (MZN) an der LMU die vielen Perspektiven und Akteure dieses Themas zusammenbringen. Co-Initiator Professor Ralf Ludwig vom Department für Geographie der LMU spricht über geöffnete Hörsäle, große Abendveranstaltungen und überraschende Aspekte der Nachhaltigkeit – und darüber, warum Künstliche Intelligenz es derzeit leichter hat als Nachhaltigkeit.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit an der LMU?

Ralf Ludwig: Eine sehr wichtige. Denn als große und thematisch breit gefächerte Volluniversität befassen sich mittlerweile viele unserer Disziplinen mit den großen Themen und Herausforderungen unserer Zeit: Die Biologie beschäftigt sich mit dem Erhalt der Biodiversität, die Ökonomie mit nachhaltigen Geschäftsmodellen, die Philosophie mit der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen. In der LMU-Verwaltung gibt es derweil zahlreiche Stellen, die Strategien und praktische Lösungen zu Energieverbrauch, Abfallmanagement und Treibhausgasbilanz erarbeiten. Und mit der Sustainability Week will das MZN alle Akteure und Perspektiven zusammenbringen.

Wie kann das gelingen?

Zum einen laden wir Lehrende aller Fakultäten ein, ihre Veranstaltungen in dieser Woche für Studierende anderer Disziplinen zu öffnen und unter einen Nachhaltigkeitsaspekt zu stellen. In manchen Fächern liegt das nahe: Die Meteorologie etwa untersucht Atmosphärengase und deren Rolle beim Klimawandel, die Medizin, also „Planetary Health“, wie unsere Gesundheit von der Gesundheit der Ökosysteme abhängt. Ich selbst halte als Geograph Vorlesungen zum nachhaltigen Ressourcenmanagement in wasserarmen Regionen und zur Modellierung von Szenarien des Klimawandels und seinen Folgen. Zum anderen werden wir in großen Abendveranstaltungen mit renommierten Gästen zu gesellschaftlich relevanten Themen nachhaltiger Entwicklung und transformativen Handelns diskutieren und mit Vertretern der Hochschulleitung die Rolle und Verantwortung der LMU darin beleuchten.


Gibt es auch Veranstaltungen aus den Geistes- und Kulturwissenschaften?

Auch Disziplinen, von denen man einen Bezug zur Nachhaltigkeit vielleicht weniger erwartet, bringen spannende Beiträge ein: Die Rechtswissenschaft widmet sich in einer Veranstaltung internationalen Klimaverträgen und -klagen, in einer Vorlesung der Katholischen Theologie geht es um das Verhältnis von Demokratie und Nachhaltigkeit.
Dabei geht es nicht nur um Umweltfragen – denn Nachhaltigkeit heißt ja, ökologische, soziale und wirtschaftliche Wechselwirkungen zu erkennen, alle Aspekte gemeinsam zu bewerten und in Einklang zu bringen.

Wir verstehen Nachhaltigkeit nicht als sektorale Herausforderung, sondern als integratives, normatives und transformatives Konzept, das disziplinäre Grenzen überwindet. Dabei gilt es auch auszuhalten, dass es zu Zielkonflikten kommt, die nicht immer aufgelöst werden können. Die täglich zehn bis 20 Veranstaltungen, die wir bei der Sustainability Week erwarten, sind entsprechend vielfältig. So wird in einer Veranstaltung der Deutschdidaktik diskutiert, wie eine Bildung für nachhaltige Entwicklung im Schulunterricht aussehen kann – etwa im Hinblick auf die Auswahl von Kinder- und Jugendliteratur. Die Registrierung läuft auch noch, wöchentlich öffnen Kolleginnen und Kollegen weitere Veranstaltungen.

Ist auch Nachhaltigkeit auf dem Campus selbst ein Thema?

Ja. Ein Beispiel ist die Vorlesung „Human Genomics – sustainability aspects“ aus der Biologie, in der es um die Green-Lab-Initiative geht: Wie können Labore nachhaltiger arbeiten, weniger Plastik verwenden, Verpackungsmüll reduzieren und Ressourcen sparsamer nutzen? Das sind Fragen, die im wissenschaftlichen Alltag von großer Bedeutung sind – gerade an einer forschungsintensiven Universität wie der LMU.

Wo liegt die besondere Herausforderung, Nachhaltigkeit zu vermitteln?

Das Thema ist komplex und voller Zielkonflikte. Man kann eben nicht einfach sagen: „Mehr Umweltschutz ist immer besser“, ohne soziale und wirtschaftliche Folgen mitzudenken. In der Lehre gilt es, diese Komplexität verständlich zu machen und zugleich Studierende dafür zu gewinnen, sich aktiv einzubringen, um Zukunft zu gestalten. Während beim Thema Künstliche Intelligenz das Interesse durch die sehr dynamische Entwicklung neuer Möglichkeiten derzeit fast automatisch da ist, muss die Notwendigkeit zur Nachhaltigkeit immer wieder neu vermittelt werden, obwohl es wirklich alle Lebewesen direkt in ihren Lebensgrundlagen betrifft.

Was haben Studierende selbst davon, an der Nachhaltigkeitswoche teilzunehmen?

Sie erhalten Einblicke, die über ihr eigenes Fach hinausgehen. Studierende der Biologie könnten etwas über Klimakommunikation, nachhaltige Ökonomie oder ethische Fragen lernen, Studierende der Kommunikationswissenschaften eine Veranstaltung über statistische Modelle des Klimawandels besuchen. Und Studierende der Literaturwissenschaften könnten an einem Workshop über nachhaltige Aquakultursysteme einer Hydrobiologin von der Agricultural University of Athens teilnehmen. Das ist ein wichtiger Blick über den fachlichen Tellerrand und kann neue Horizonte eröffnen.

Bei einem Treffen am Freitag, den 7.11.2025 sollen sich „Nachhaltigkeitsakteure“ der LMU vernetzen können. Wer ist damit gemeint?

Damit meinen wir Forschende, Lehrende und Verwaltungsbeschäftigte der zahlreichen Einrichtungen an der LMU, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen: Kolleginnen und Kollegen der Stabsstelle Arbeitssicherheit und Nachhaltigkeit etwa oder des neuen Sustainability Office, die Strategien zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch oder Abfallmanagement entwickeln. Dazu kommen die Nachhaltigkeitsbeauftragten, die es mittlerweile an allen Fakultäten gibt, sowie Forschende und Lehrende etwa des Rachel Carson Centers for Environment and Society und des MZN.

Darüber hinaus gibt es das Zertifikatsprogramm „el mundo – Bildung für nachhaltige Entwicklung im Lehramt“, das künftige Lehrkräfte mit Wissen über Bildung für nachhaltige Entwicklung ausstattet. All diese Kolleginnen und Kollegen wollen wir bei dem Treffen miteinander vernetzen.

Worum geht es in den Abendveranstaltungen in der Großen Aula?

Jeder Abend widmet sich einem eigenen Schwerpunkt: Bei Impulsvorträgen und Podiumsdiskussionen stehen mal die Wirtschaft – von Lieferketten bis zu nachhaltigen Geschäftsmodellen –, mal neue Konzepte einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, mal die Rolle von Gesundheit für Nachhaltigkeit, mal die Rolle von KI in den Klimawissenschaften oder Umweltrisiken im Spiegel von Journalismus und Wissenschaftskommunikation im Mittelpunkt. All diese Veranstaltungen, die sich mit den großen Herausforderungen notwendiger Transformation auseinandersetzen und darin auch die Rolle der Hochschulen beleuchten, stehen allen Mitgliedern der LMU, aber auch einer breiten Öffentlichkeit offen.

Gibt es noch weitere Veranstaltungen während der Sustainability Week?

Interessierte können den Dokumentationsfilm „Purpose“ ansehen, der für eine Neuausrichtung der Wirtschaft am Gemeinwohl plädiert, oder das Strategiespiel „Earth4All – Parlament der Zukunft“ testen, in dem Mitspieler politische Entscheidungen zu ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen treffen. Zudem planen wir einen Infotag im Lichthof des Hauptgebäudes, bei dem sich Einrichtungen der LMU, internationale Kooperationsprojekte oder das neue Nebenfach Nachhaltigkeit vorstellen. Die neue Plattform „Ludwig, Max + U“ macht Spitzenforschung sichtbar und lädt zu einer Ausstellung zur Schönheit von Biodiversität ein.

Welche Rolle spielt die Sustainability Week auf dem Weg zu einer nachhaltigeren LMU?

Sie soll ein Zeichen setzen für mehr Nachhaltigkeit – und Ausgangspunkt sein für mehr und engere Zusammenarbeit zwischen den zahlreichen Einrichtungen und Menschen, die sich an der LMU mit dem Thema befassen. Wenn aus dieser Woche neue Forschungsprojekte entstehen, Lehrende gemeinsame Seminare planen oder sich Studierende fächerübergreifend vernetzen, dann ist die Sustainability Week ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer zukunftsgewandten Hochschulkultur an der LMU.

Die Sustainability Week findet vom 3. bis 7. November statt. Sie wird vom Münchener Zentrum für Nachhaltigkeit (MZN) unter der Schirmherrschaft des Nachhaltigkeitsausschusses der LMU veranstaltet. Lehrende können ihre Veranstaltungen bis zum 16. Oktober anmelden.

Die öffentlichen Abendveranstaltungen in der Großen Aula sind für alle Interessierten geöffnet. Informationen zum Programm sowie zur Anmeldung gibt es auf der Webseite der Sustainability Week.

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